In Hessen sind am 1. Januar 2016 neue Regeln für den ärztlichen Bereitschaftsdienst in Kraft getreten, deren Umsetzung tief in bestehende Strukturen eingreifen und daher nicht überall auf Zustimmung gestoßen sind. Zeitgleich mit dieser Reform traten mit Jahresbeginn neue gesetzliche Regelungen in Kraft, die die eingeleitete Koordination zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern bei der Notfallversorgung weiter forcieren sollen.
Im 17. Gesundheitspolitischen Kolloquium des VMVG am 23. Januar 2016 sollen die Grundlagen und Ziele der aktuellen Diskussion über die Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung und die Auswirkungen auf Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in Hessen beleuchtet werden. Referent ist Jochen Metzner, Leiter des Referats Krankenhausversorgung, Gesundheits- und Krankenpflege im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. [Anmeldung]
„Die ambulante Notfallversorgung konzentriert sich außerhalb der allgemeinen Praxissprechzeiten auf die Krankenhäuser. Das macht eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der entsprechenden Vergütung erforderlich. Wir streben dabei eine regelhafte Kooperation der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenhäuser zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung an.“ Diese programmatische Erklärung im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vom 16. Dezember 2013 hat der Gesetzgeber 2015 in mehreren Anläufen umgesetzt.
Mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurden die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, den von ihnen zu organisierenden Notdienst zu den sprechstundenfreien Zeiten auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherzustellen. Mit dem am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Krankenhausstrukturgesetz wird die Kooperationsverpflichtung dahin konkretisiert, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen in der Regel entweder sogenannte Portalpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder vorhandene Notfallambulanzen an zugelassenen Krankenhäusern unmittelbar in den Notdienst einbinden sollen. Zugleich wird ein eigener Honorartopf für den ambulanten Notdienst geschaffen, aus dem sowohl vertragsärztliche Leistungen als auch die Leistungen von Krankenhausärzten, denen der vertragsärztliche Notdienst übertragen worden ist, bezahlt werden sollen.
Durch die neuen Regelungen sollen vorhandene Doppelstrukturen abgebaut, die Notfallambulanzen der Krankenhäuser entlastet und der Grundsatz ambulant vor stationär gestärkt werden. Ein von der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Auftrag gegebenes Gutachten vom Frühjahr 2015 ermittelte für die Behandlung ambulanter Notfälle einen Fehlbetrag von 88 Euro pro Fall und errechnete daraus ein Gesamtdefizit der Krankenhäuser in Höhe von schätzungsweise 1 Milliarde Euro. Nach einem vom Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung geförderten Gutachten könnten gut 3,7 Millionen Krankenhausfälle mit einer koordinierten Versorgung vermieden und die Kassen dadurch um rund 7,2 Milliarden Euro im Jahr entlastet werden.
Das Gesundheitspolitische Kolloquium wird sich unter anderem mit der Frage befassen, was die neuen Regelungen für die eingeleiteten Reformen des ärztlichen Notdienstes bedeuten. Auch wird es darum gehen, welche Auswirken auf den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen von der Übernahme ambulanter Versorgungsaufgaben durch Krankenhäuser zu erwarten sind.
Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Frankfurt University of Applied Sciences im BCN-Hochhaus, Raum 533, Nibelungenplatz, Frankfurt am Main statt. Eingeladen zu dem Gesundheitspolitische Kolloquium sind die Mitglieder des VMVG, die Studierenden und Lehrenden der Frankfurt University of Applied Sciences, aber auch interessierte Gäste aus dem Gesundheitswesen. Die Teilnahme setzt eine Anmeldung auf der Internetseite des VMVG voraus.